Erlebnisbericht: OMR Festival 2023

Leser:innen meines Blogs wissen es: Ich liebe die “Online Marketing Rockstars” (OMR), deren Produkte, Spirit und die authentische Kommunikation. Deswegen ließ ich es mir nicht nehmen, das diesjährige OMR Festival zu besuchen, Freund:innen und Kolleg:innen zu treffen, zu netzwerken und so viel wie möglich aus dem hochkarätigen Rahmenprogramm zu sehen.

Der beste Vortrag auf dem OMR Festival 2023 war für mich „Baby got Business“ von Ann-Kathrin Schmitz über den Status Quo von Influencer Marketing. Sorgte bei mir für viele neue Insights und massig an Inspiration.
Ziemlichen Eindruck bei mir hinterlassen hat da das Thema Voice Cloning. Für alle, denen das noch nichts sagt – im wahrsten Sinne des Wortes 😉:
Voice Cloning ist eine KI-basierte Anwendung, die es erlaubt, eine digitale Nachbildung einer Stimme anhand einer Audioaufnahme von dieser zu erstellen, inklusive Text-to-Speech-Funktion. Ich verfolge die Thematik schon etwas länger und es ist erschreckend, welchen Sprung in der Qualität diese Technologie gemacht hat. Prominentes Beispiel wäre hier der von einer KI generierte Hit-Song „Heart on My Sleeve“ mit den geklonten Stimmen der Musiker Drake und The Weeknd. Klar, geübte Ohren hören im Voice Cloning bislang noch sogenannte „Artefakte“, die beim KI-Song durch den für Drake typischen Autotune-Effekt maskiert wurden. Doch was in naher Zukunft möglich sein wird, kann sowohl faszinierend, wie in seiner Missbrauchsgefahr auch beunruhigend sein.

Britta Behrens von Nerds befasste sich mit dem „State of LinkedIn 2023“. Und sowohl Schmitz wie Behrens stellten in ihren Notes die Wichtigkeit des Corporate Influencers heraus, wobei Schmitz eher auf die Socials und direktere Kommunikation Bezug nahm. Quintessenz beider Vorträge jedenfalls war für mich, dass man mit Corporate Influencern (bspw. auf LinkedIn) den richtigen und bislang zukunftssicheren Weg geht, genau so, wie ich das auch in meinen Beratungen immer wieder betone und für meine Kund:innen umsetze.

Allgemein das große Thema des Festivals war die Künstliche Intelligenz in all ihren Facetten, ihr Potential, ihre Risiken und Möglichkeiten. Sehr interessant war da der Vortrag von You.com-Gründer Richard Socher, gebürtiger Dresdner, jetzt im Silicon Valley lebend. Nach Jahren der Forschung im Feld der KI, hat er mit seinem Unternehmen eine dialogorientierte Suchmaschine mit Sprachunterstützung erschaffen und stellt sich damit mutig der Übermacht von OpenAI und Google.

Viel inspirierenden Input fand man im Vortrag von „The Female Company“, bekannt durch unverblümtes, drastisch-direktes Marketing zu ihren Periodenprodukten. Für manche ist das too much. Nichtsdestotrotz: Einfach mal ganz frei heraus im Marketing „out of the box“ zu denken und den Mut zu haben, eine Position einzunehmen und trotz Shitstorms die Stärke zu haben, dafür einzustehen, barg viel Transferwissen für das Marketing mit – wie nenn ich das jetzt am besten … für das Marketing mit „unkontroverser“(?) Kommunikation? Wie auch immer, The Female Company hat eindrucksvoll bewiesen, dass Marketing nicht so sein muss wie das, was man alles schon seit Jahrzehnten kennt und dass es sich lohnen kann, nicht immer auf Sicherheit zu spielen.

Fragen an Verena

Ja, ich war ebenfalls am Mikrofon. Also um zwei Fragen zu stellen. Sich diesen Fragen stellen musste sich Unternehmerin, Gründerin und Autorin Verena Pausder.
Ständig heißt es in der Politik „Bildung für alle“. Verena hatten diesen Slogan um die so wichtige „Digitale Bildung“ ergänzt und Worten auch tatsächlich Taten folgen lassen, wie z.B. mit der Gründung des „Digitale Bildung für Alle e.V.“. Als sie noch für die HABA Digitalwerkstatt zuständig war, wo Kinder innovativ und praxisnah an die digitale Bildung herangeführt wurden, durfte ich sie dort in meiner Rolle als langjährige Trainerin kennenlernen. Und ja, ich muss gestehen, seitdem bin ich ein großer Fan von ihr. Sie ist eine sehr große Inspiration für mich durch ihre Projekte und ihren Einsatz für soziale Themen, die echten, gesellschaftlichen Wert, ganz abseits von Warenkonsum, besitzen. Ich hatte nun die Möglichkeit sie zu fragen, wie sich die Schließung der HABA Digitalwerkstatt für sie anfühlt und wie man nun dennoch die so extrem wichtige digitale Bildung von Kindern fortführen kann, welche nicht aus Haushalten kommen, die sich diese leisten können.

Verena antwortete, dass sie zwar seit drei Jahren nicht mehr Geschäftsführerin und Gesellschafterin dort sei, ihr die Schließung aber dennoch das Herz brach. Herkömmliche Schulen haben keine digitalen Gestalter:innen, weswegen es solche Digitalwerkstätten brauche. Gleichzeitig sei jedoch dieses Businessmodell außerschulischer Bildungseinrichtungen sehr schwer. Nach acht Jahren erkennen zu müssen, dass diese Idee der Coronapandemie und dem Kostendruck nicht standhalten konnte, fühlte sich an wie ein Scheitern. Allerdings gebe es mit TUMO und anderen Bildungseinrichtungen großartige Alternativen.

„Und gerade Menschen wie du, [Sabrina,] wo ich ja auch weiß was du für eine Überzeugungstäterin für das Thema bist, wir lassen uns davon nicht aufhalten. Das ist ein Marathon, kein Sprint.“

Verena Pausder

Und damit hat sie vollkommen recht!

Es kann nicht sein, was nicht sein kann: Frau im Vorstand!?!

Was mir an der OMR nicht so gefallen hat:

Das Festivalgelände war überfüllt mit Besucher:innen, weswegen man nicht jede Halle und jeden Vortrag besuchen konnte. „HALL IS FULL ⛔“ hieß es dann auf Bannern vor den betroffenen Hallen. Gerade letzteres wäre selbst ohne den Massenandrang nicht möglich gewesen, denn wie in Musikfestivals spielte die Musik auf mehreren Bühnen gleichzeitig. Ich wäre gerne in den Vortrag von Luisa Neubauer gegangen, der richtig gut gewesen sein soll, was sogar Leute berichteten, die ihr gegenüber eher kritisch eingestellt sind.

Teilweise waren die Panels keine richtigen Diskussionen, sondern nur recht einseitige Q&A oder „Ask me Anythings“. Dass man aber durchaus nicht wirklich alles fragen muss, zeigten ein paar der von mir besuchten Interviews. Barbara Frenkel, Mitglied des Vorstands der Porsche AG, war im Interview mit Markus Lanz und es sollte um ihren aufregenden Weg in den Porschevorstand gehen. Nur schien es dem Interviewer erstmal wichtiger über viele zähe Minuten herauszufinden, wie man es überhaupt als Frau schaffen kann, diese hohe Position in einer vermeintlichen Männerdomäne zu erlangen.

Wumms, Klatsch, Bumm.

Damit lag das ewige Thema des Geschlechterkampfes wieder auf dem Silbertablett, ein Thema, das Lanz ja auch in seiner Talkshow nicht selten provoziert oder unnötig erzwungen einfließen lässt. Frenkel als Medienprofi, mit solchen Fragen sicher bereits mehrfach konfrontiert, reagierte extrem gut darauf und betonte sinngemäß, sie verstehe gar nicht, warum das Geschlecht immer im Fokus stehe, schließlich sei sie schon ihr gesamtes Leben eine Frau. Dieser Wink mit dem Zaunpfahl entging Lanz oder wurde zumindest stilgetreu ignoriert, denn später wurde sie ganz typisch gefragt, wie denn ein typischer Männer- und ein typischer Frauenporsche so typisch aussehen und worin sie sich typischerweise unterscheiden würden. Und erneut musste Frenkel darauf eingehen, dass so etwas völlig egal sei. So gebe es nämlich – um bei Stereotypen zu bleiben – einen berryfarbenen Porsche, der farblich vielleicht einem bestimmten Geschlechterklischee entspreche, jedoch übergreifend von allen, vollkommen unabhängig des Geschlechts, gekauft werde. Aber so ist das halt:

Manche Narrative und Weltbilder sind schwer aus den Köpfen zu bekommen, was provozierendes Marketing wie von The Female Company (siehe oben) umso wichtiger macht. Doch die Geschlechterfixierung bzw. die Fixierung auf Geschlechterrollen selbst war stellvertretend in Lanz nicht nur eine männliche Domäne …

Besser mit Tennisbällen oder Baby? Entscheide jetzt!

Serena Williams, die als älteste Tennisspielerin alle vier Grand-Slam-Titel gleichzeitig gewann und eine der größten, wenn nicht sogar die größte Athletin überhaupt ist, wurde von ihrer Interviewerin (eine eigentlich erfahrene Die-Zeit-Journalistin) gefragt, ob Serena sich als bessere Mutter oder als bessere Tennisspielerin sehe. Vielleicht war ich bereits durch das Frenkel-Interview etwas aufgekratzt, aber ich fand diese Frage fast schon respektlos, sowohl die sportlichen wie auch privaten Höchstleistungen von Serena in eine (Be-)Wertung zwängen zu wollen. Als könne man nicht in beidem gleich genial sein? Und hier war es wieder die Interviewte, die besonders professionell sein musste. Tennis-Ikone Martina Navratilova selbst sagte einmal, dass Serena den Weg für beides ebnete: gleichzeitig Tennis-Profi und Mutter sein. Dennoch entschied sich Serena dafür, ihren Fokus nun auf die Familie zu legen.

Den für Tennis üblichen Seitenwechsel gab es dann mit Boris Becker und ich muss zugeben, nach den hier beschriebenen Interviews rechnete ich mit dem Schlimmsten, doch es war ein sehr angenehmes Interview u.a. mit dem Thema des medialen Aufwärmens von ewig altem, kaltem Kaffee, sprich: Besenkammer & Co., was leider sogar im Live-Ticker der OMR pseudohumorvoll aufgegriffen wurde. Ich denke, wir als Gesellschaft können das besser. Und es ist ja nicht so, dass ein Boris Becker nicht stets für aktuellen Zündstoff sorgen würde, nur diesmal eben nicht im OMR-Interview selbst, wo er sehr sympathisch rüberkam.

Daumen runter? Mein Fazit

Over all: Es war schön mit meiner Marketing-Clique das Festival zu durchkämmen, neues auszuprobieren und das Netzwerk zu erweitern. Aber es ist halt dann doch schon inzwischen alles sehr, sehr groß und eng geworden, was meiner Meinung nach Fluch und Segen zugleich ist. Oder bin ich da nur noch ein wenig zu „räumlich sensibel“ nach Jahren der Corona-Einschränkungen. Weil viele Hallen durch zu viele Besucher:innen Einlassstopps hatten, konnte ich leider nicht alles sehen, was ich für mich eingeplant hatte. Und, ich muss zugeben, diesmal gab es für mich nicht so viel neuen Input wie im letzten Jahr. Nichtsdestotrotz: Ich freue mich sehr auf das OMR Festival 2024. Gerade was die blitzartigen Marktänderungen durch Künstliche Intelligenz angeht, können wir uns bis dahin auf einiges gefasst machen. Soweit also Daumen hoch für das OMR Festival! 👍🏻Gegen den Mangel an Sensibilität für Geschlechterthemen so mancher Interviewender wird hoffentlich 2024 mehr unternommen.