You are currently viewing Neue Kanäle: WhatsApp goes YouTube?

Neue Kanäle: WhatsApp goes YouTube?

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Trends/Neues

Sicherlich hast du bei WhatsApp die kleine Änderung im Design schon längst bemerkt: Der Reiter “Status”, unter dem man Statusmeldungen erstellen und anschauen konnte, heißt jetzt “Aktuelles”. WhatsApp veröffentlicht damit wieder eine neue Funktion, sogenannte “Kanäle”.

Wenn Unternehmen sich zur Familie setzen

Social Media war ursprünglich eher der Kommunikation mit Familie und Bekannten vorbehalten. Auf Plattformen wie Myspace schloss man auch schnell neue Freundschaften aus der ganzen Welt. Kommerzielle Werbung war eher auf PopUps oder Banner in den Profilseiten beschränkt. Doch dann erschlossen sich nach und nach immer mehr Unternehmen die neuen, direkten Kommunikationswege zu (potentiellen) Konsument:innen – Unternehmensseiten wurden erstellt. Und mit der zunehmend größer werdenden Social Media Welle, drängten sich immer mehr Influencer:innen als Markensprecher in den Vordergrund, neben vielen anderen Personen, die inzwischen sogar ihren Lebensunterhalt via Social Media verdienen.

Facebook und Instagram werden passiv konsumiert, wie einst Talkshows im TV (wer aus unserer Generation hat nicht am Nachmittag mal kurz bei Arabella und Britt reingezappt, wo Talking ganz schnell zum Screaming wurde). Heute ist man nicht mehr an einen verkabelten Fernseher gebunden. Jetzt trägt man die kleine Zerstreuung für zwischendurch in der Hosentasche und Du hast sie – Dein Smartphone – vermutlich gerade zum Lesen dieses Blogposts in der Hand.

Social Media hat durch die Explosion der Userzahlen nicht mehr diese ursprüngliche Form von Privatsphäre, obwohl schon damals vieles für alle öffentlich einsehbar war. Wirklich private Momente werden nicht mehr so sehr in und mit der Öffentlichkeit geteilt, sondern eher im abgegrenzten privaten Rahmen. Messengers wie WhatsApp boten dafür die ideale Möglichkeit. Überleg nur mal, in wie vielen Familien- und Freundesgruppen Du inzwischen chattest. Ich in ziemlich vielen. 😅

Das Unterwandern digitalen Privatraums

WhatsApp beginnt nun, ähnlich wie Instagram, sich mit Broadcast Channels diesen privaten Raum der Kommunikation kommerziell zu erschließen. Bei der diesjährigen Baby got Business Konferenz wurde dies auch explizit als einer der Trends für 2024 genannt. Das ist ein kluger Schachzug, denn Marken drängen sich von Natur aus gerne in die Nähe potentieller Kundschaft, und gleichzeitig zeigt sich, dass im Zuge dessen Snapchat in der Nutzung wieder zunimmt.

Aber funktioniert so markengerechte Community Building? Da bin ich ein wenig skeptisch. Kanäle via WhatsApp sind einseitige Kommunikation. Nur die Creator:innen können senden und entscheiden bewusst, was sie teilen. Anonyme Reaktions-Emojis unter den Beiträgen im Kanal sind da meist das einzige Lebenszeichen der Follower:innen. Und selbst wenn man kein Channel-Mitglied ist, sind Inhalte einsehbar.

Ich denke, durch diese neue Form von Kanälen sollten Unternehmen/Marken wie immer versuchen, echte Mehrwerte zu liefern, z.B. auch in Form von einzigartigen Einblicken. Ein stumpf veröffentlichter Post wirkt auf mich wenig erfolgversprechend, denn so etwas begegnet uns auf vielen anderen Plattformen pausenlos.

Wo liegt das Potenzial des neuen Kanal-Formats?

Das ist aktuell noch schwer zu sagen. Ein spontaner Nachteil scheint mir, dass es keinen Algorithmus gibt. Ähnlich wie bei Newslettern beeinflusst der Content und nicht der individualisierte Datenfeed, ob die Nachricht geöffnet wird. Einzig die Vorschläge in der Suchleiste scheinen sich nach den Abos der eigenen Kontakte zu richten, während die Suchergebnisse in der “Alle”-Ansicht nach Abo-Anzahl gestaffelt sind. 

Eine Chance könnte sich für Nachrichtenportale ergeben. Sie können über Kanäle gerade diejenigen erreichen, die keine klassischen Medien mehr konsumieren. Allerdings sollte hier für einen Anreiz gesorgt werden, die entsprechenden Kanäle zu abonnieren, denn dies muss proaktiv durch die Abonnentinnen und Abonnenten passieren – ein Nachteil, den Google Discover durch sein PUSH-Prinzip ausgleicht.

Und der Datenschutz?

Solltest du Bedenken bezüglich des Schutzes Deiner WhatsApp-Profildaten haben, klicke im Info-Bereich des von dir abonnierten Kanals auf “Schutz deines Profils”. Dort siehst Du, welche Maßnahmen der Kanal ergriffen hat, um Deine Daten vor fremden Augen zu schützen. Wie das Ganze im Backend gehandhabt wird, weiß ich nicht. Aber da vertrauen wir unseren Apps ja ohnehin blind, ohne uns durch intransparente AGBs zu lesen, nicht wahr? 😉

Ein Ausblick

Die Idee, solche meist kommerziellen Kanäle mit einem auf der ganzen Welt millionenfach genutzten Messenger zu verknüpfen, ist schlau und folgerichtiges Onlinemarketing. Doch wenn es um den Content an sich geht, macht Google Discover das schon lange besser, zudem noch mit Artikeln (sogar aus Social Media!), die den Interessen der Nutzer:innen angepasst sind. Lies dir gerne meinen Blog-Post zu Google Discover durch.

Wohin sich WhatsApp-Kanäle entwickeln und wie Nutzer:innen diese annehmen werden, lässt sich zum frühen Zeitpunkt noch gar nicht so genau sagen. Feedback aus meinem Netzwerk zieht sich von totalem Desinteresse bis hin zu gemischten Bewertungen. Die Inhalte der Kanäle, die ich abonniert habe, sind noch sehr übersichtlich. Unternehmen stehen meiner Einsicht nach hier noch in der Findungsphase und posten eher redundante Inhalte, die man bereits aus anderen Sozialen Medien von ihnen kennt. Wie Kanäle kommerziell erfolgreich genutzt werden oder ob sie bald wieder in der Versenkung verschwinden, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Es bleibt spannend!