Sabrina goes Bucerius: The Mediation Competition

Wie ihr wisst, mache ich aktuell eine Ausbildung zur Mediatorin. Hierbei hatte ich nun die Chance, an der internationalen Mediation Competition der Bucerius Law School in Hamburg teilzunehmen. Mein Team: Frederic (agierend als Client, der im Wettbewerb eine verhandelnde Position einnimmt), Elisa und ich (abwechselnd in der Rolle der Lawyers, die ihrem Client in den Verhandlungen beistehen), unterstützt durch Coach Selma (Teilnehmerin des letzten Jahres).

v. l. n. r. Ich, Selma, Frederic und Elisa.

Der Ablauf ist schnell erklärt: Die Mediation übernimmt ein:e Mediator:in, die auch im echten Leben dieser Tätigkeit offiziell nachgeht. Sehr interessant, erfahrene Praktiker:innen in ihrem Vorgehen hautnah erleben zu dürfen und die Kontakte zu knüpfen, auch nach dem Wettbewerb noch im Austausch zu bleiben. Die beiden sich gegenüberstehenden Parteien („Requesting“ = die Partei, die eine Mediation angefordert; „Responding“ = die Partei, die das Mediationsgesuch angenommen hat), zwischen denen mediiert wird, erhalten „General Information“ (allgemeine Informationen, die nur die beiden Parteien erhalten) und „Confidential Information“ (Informationen, die nur die betroffene Partei erfährt). In 85 Minuten geht es dann darum, die gemeinsamen Interessen zu erkennen, bestmöglich zu verhandeln und konkrete Lösungen zu finden. Nicht immer einfach, aber in der Ausbildung erlernen wir die Tools, selbst verfahrene Zwickmühlen so gut wie möglich aufzulösen.

Startschuss!

In unserer ersten Session am Freitag standen uns via Zoom Kolleg:innen der Universität Rio gegenüber. Wir schlüpften in die Rollen von zwei Space-Unternehmen, die sich bezüglich der Produktentwicklung einer neuen Linse uneins waren. Unter anderem ging es um vom Klimawandel verursachte Schäden an Satelliten, für die die Linse benötigt wurde. Man sieht: Die Themen orientierten sich am aktuellen Weltgeschehen und so sollte es für die restlichen Fälle weitergehen. Elisa meisterte den Fall als Lawyer gekonnt. Für mich ginge es am nächsten Tag los. Vorher durften wir aber noch einen kleinen Abstecher in die Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells machen, wo sich die Teilnehmer:innen bei einem Pub Quiz besser kennenlernen konnten.

v. l. n. r. Mein Team, die drei Judges und unsere Mitstreiter der Universität Belfast.

Samstag war schließlich ich an der Reihe. Der erste Fall startete um 8 Uhr, diesmal gegen die Universität Belfast. Es ging um eine Statue, die wir als Museum einem anderen Museum zur Leihgabe machten. Leider nahm es unser befreundetes Museum mit den Sicherheitsvorkehrungen nicht ganz so ernst und unser Exponat wurde gestohlen. Nun ging es darum, die Kompensation der sündhaft teuren Statue zu verhandeln. Die Aufgabe von mir als Lawyer bestand darin, die Verhandlungen nicht durch zu starke Präsenz eskalieren zu lassen und sich nicht nur auf die Finanzen zu fixieren. Einfache Offensivstrategien, die in der Praxis meist in verhärteten Fronten resultieren, wurden so von vornherein ausgehebelt. Unser Ansatz in der Mediation ist im Allgemeinen ein diplomatischer. Die Session lief super! Gemeinsam erarbeitete Lösungen kamen gut an und das Feedback der anwesenden Judges hat uns sehr bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein.

Pause fürs Weiterpowern

Erst um 17 Uhr startete unser nächster Fall. Genügend Zeit, die rauchenden Köpfe abzukühlen, damit es mit genügend Power weitergehen konnte. Aber auch unsere nächsten Verhandlungspartner:innen der Universität Florenz waren gut ausgeruht. Hier wurde es nochmal spacig:

Wir waren ein junges Startup, welches Nahrungsmittel für Weltalltourismus produziert. Leider ist bei der Produktion etwas schief gelaufen und auf unseren Produkten wurden Bakterien nachgewiesen (ob es sich um irdische Erreger oder multiresistente Krankmacher anderer Galaxien handelte, wurde nicht spezifiziert😉). Unsere Rahmenbedingungen (Confidential Information) waren es, den Aspekt der Lebensmittelkontamination nicht zu sehr in den Vordergrund zu stellen und zu versuchen, unsere Probe zurückzubekommen. Ja, man könnte meinen, das klinge durchaus etwas zwielichtig, aber ganz so schlimm war es nicht. Das Unternehmen der Gegenseite stand unter der Leitung von Mac Brezos – wer erkennt die Inspiration für den Namen? –, der groß in uns investiert hat. Seine Confidential Information war, dass er durch aktuelles Kriegsgeschehen seine Fabriken schließen musste und sich dazu gezwungen sah, weitere Zahlungen an uns fürs Erste einzustellen. Natürlich war es da unsere Aufgabe genau herauszufinden, was denn der Grund für die gestoppten Zahlungen war und wie wir die bislang gute Zusammenarbeit fortsetzen konnten.
Für mich war diese Session die spannendste. Das Gefühl im Flow zu sein war überwältigend, die Verhandlung war realistisch und vermittelte uns eine ungeahnte Direktheit. Da war der Wettbewerbsgedanke schnell vergessen und es ging uns nur noch darum, die beste Lösung für alle zu finden. Wir fanden als Team einen sehr guten Rhythmus und es hat richtig viel Spaß gemacht. In Anbetracht der vorher ausgegebenen Informationen fühlten wir uns in einer schwachen Situation, denn es gab nicht viel, an dem man sich hätte argumentativ entlanghangeln können. Aber Frederic und ich waren inzwischen richtig gut eingespielt, weswegen wir einen großen Erfolg für uns einheimsten.

Sabrina goes Halbfinale?!?

Am Ende des Tages wurden die Halbfinalisten verkündet. Ich habe überlegt, ob und wie ich an dieser Stelle meines Berichts jetzt Spannung aufkommen lasse, denn du willst sicher wissen, ob wir es ins Halbfinale geschafft haben, nicht wahr? Nun … *trommelwirbel* … *spannungerzeug*

Nein, wir haben es nicht geschafft. 😁 Also nicht ganz. Eher fast. Aber hey, dafür hatten wir die Nacht im schönen Hamburg für uns, statt noch die Nacht mit der Vorbereitung neuer Fälle verbringen zu müssen. Um den Spannungsbogen doch wieder ein wenig zu spannen: Unsere genaue Platzierung von weltweit 24 Teams erfahren wir noch.

Zum Abschluss der Competition, durften wir die Rolle der Zuschauer einnehmen: Während die Vorrunden alle hinter verschlossenen Türen stattfanden, wurden die Halbfinalrunden und das Finale im Moodcourt der Bucerius Law School live übertragen. Passend zur Fußball-WM kam da eine tolle Public-Viewing-Stimmung auf! Zuerst haben wir uns das Halbfinale der Unis aus Aarhus und Prag angeschaut. Das war ziemlich gut und interessant anzusehen. Die Teams waren voll in ihren Rollen und haben sehr professionell gearbeitet. Das andere Halbfinale haben das Team der Bucerius Law School gegen die Universität London bestritten.

Public Viewing im Moodcourt.

Zum großen Showdown kam es im Finale zwischen Aarhus und London. Deren Session wurde mit Zoom abgehalten, da das Londoner Team nicht vor Ort sein konnte. Und die Unterschiede zwischen Zoom und Sessions in Präsenz sind schon sehr prägnant:

  • Die Zoomübertragung läuft nicht so flüssig. Es gibt Latenzen/Lags in der Kommunikation und der so wichtige dynamische Gesprächsfluss wird immer wieder gebrochen.
  • Mimik und Gestik sind schwieriger zu kommunizieren und zu lesen.
  • Unterbrechungen oder Störungen in Bild und Ton kommen immer wieder mal vor.
  • Das digitale Whiteboard ist nicht so effektiv wie ein echtes Flipchart.

And the winner is …

London. Da braucht ihr ja jetzt keinen Spannungsbogen, oder? 😜

Aber auch wir als Team haben gewonnen: an Erfahrung, Kontakten, Inspiration und Zusammenhalt. Das Wochenende war super anstrengend, die Herausforderungen groß, aber auch starkmachend. Die viele Arbeit und unsere akribische Vorbereitung in den letzten Wochen hat sich für uns ausgezahlt. Wir haben als Team super funktioniert und sind noch mehr zusammengewachsen. Und es war sehr spannend, mal am Social Circle der Jura-Welt teilzuhaben. Das Networking war sehr ergiebig und lohnenswert. Man sieht sich wieder!